Jannik Kroll
from Jannik Kroll
 
12.07.2023
 
8 Min.
KRONGAARD-content-hub-Jenny Lübeck

Frau Lübeck, mit KRONGAARD beraten Sie Unternehmen beim projektspezifischen Einsatz von selbstständigen Expert*innen. Dafür müssen auch bei Ihnen die besten Talente arbeiten. Wie schwer ist es, diese zu finden?

Bei großen und beliebten Arbeitgebern wie der OTTO-Gruppe gehen aufgrund der öffentlichen Präsenz viele organische Bewerbungen ein. Die Bekanntheit und das Image von Marken sorgen dafür, dass Menschen diese auch als Arbeitgeber erwägen. Noch wertvoller: Die Interessierten steigen meist schon direkt über die Karriereseite dieser Organisationen ein und überspringen damit das Stellenportal. Bei KRONGAARD ist das komplexer. Denn als mittelständisches Unternehmen mit einer eher geringeren Markenbekanntheit im B2C-Bereich kennen uns die Menschen nur in bestimmten Branchen. Deswegen müssen wir aktiv unsere Markenbekanntheit verbessern.

Nicht mehr Unternehmen picken sich die Talente, sondern die Mitarbeitenden die Jobs. Was zeichnet die Firmen aus, die dieses Wetteifern gewinnen?

Neben klassischen Hygienefaktoren wie einem attraktiven Jobangebot setzen sich vor allem Firmen mit einer authentischen Arbeitgebermarke durch. Auch wollen Mitarbeiter*innen mitgestalten können. Das ist vielen bei der Wahl ihres neuen Jobs wichtig.

Die Arbeitgebermarke steht – wen wundert es – bei vielen Unternehmen auf der Agenda. Wie können sie diese erreichen?

Zu Beginn ist wichtig, dass sie Employer Branding nicht mit Stellenanzeigen verwechseln. Denn die Arbeitgebermarke umfasst mehr als eine durchdachte Karriereseite und Jobangebote. Sie beinhaltet alle Berührungspunkte, die potenzielle Bewerber*innen oder eigene Mitarbeitende mit dem Unternehmen haben. Auch ermöglicht sie einen authentischen Einblick in die Kultur und Arbeitsweisen. Wer diese Basics verstanden hat und die Strategie danach ausrichtet, ist auf dem richtigen Weg.

Das Thema Authentizität steht über allem. Eine unglaubwürdige Außendarstellung schreckt Interessierte ab. Was zeichnet eine authentische Arbeitgebermarke aus?

Sie muss die Realität zeigen und dafür einen ehrlichen und transparenten Einblick in das Unternehmen gewähren. Denn alle, die sich auf eine Stelle bewerben, stellen sich ähnliche Fragen. Wer arbeitet dort? Wie wird kollaboriert? Was wird von mir erwartet? Bleiben diese Fragen unbeantwortet, entsteht ein unbehagliches Gefühl.

Je mehr dieser Unsicherheiten eine Arbeitgebermarke nehmen kann, desto besser können Bewerber*innen das Profil des Unternehmens mit ihren Wünschen und Bedürfnissen abgleichen.

Eine Organisation kann nicht jeder und jedem gefallen.

Und das ist gut so. Es bringt nichts, wenn Unternehmen zu beliebig sind. Denn dadurch sprechen sie auch ein Publikum an, das nicht zu den Jobs passt.

„Maßnahmen im Employer Branding versprechen keinen schnellen Wandel. Sie benötigen Zeit.“

Sie haben einen detaillierten Blick auf den Markt. Wie gut gelingt Unternehmen der Prozess bisher?

Viele differenzieren noch nicht ausreichend zwischen Stellenanzeige und Employer Branding. In großen Unternehmen und Konzernen gelingt das etwas besser. Diese haben sich bereits vor der Corona-Pandemie mit dem Thema beschäftigt und ernten jetzt die Erfolge. Denn das ist wichtig: Maßnahmen im Employer Branding versprechen keinen schnellen Wandel. Sie benötigen Zeit. Trotz einiger positiver Beispiele glaube ich, dass hierzulande noch einiges möglich ist.

Gibt es ein Unternehmen, das für Sie beim Employer Branding ein Vorbild darstellt?

Ehrlich gesagt: Nein. Natürlich finde ich immer wieder Inspiration bei anderen. Die Deutsche Bahn leistet beispielsweise gute Arbeit im Azubimarketing oder bei Berufseinsteiger*innen. Auch die DB Cargo überzeugt mit Authentizität und Witz. Sie setzt sich vermehrt für Diversität ein. Ein Vorbild, bei dem mich die gesamte Strategie begeistert, gibt es aber nicht. Dafür ist die Angelegenheit zu komplex.

Wann kam bei KRONGAARD das Projekt Employer Branding erstmals auf?

Im Sommer 2021 stieß eine Kollegin das Thema Employee Value Proposition (EVP) an, das Werteversprechen. Ich kam wenig später dazu und gemeinsam erarbeiteten wir nicht nur unsere EVP, sondern darauf aufbauend die gesamte Employer Branding-Strategie. Dafür mussten wir klären, wer wir sind und wer wir sein wollen.

Und wer will KRONGAARD sein?

Abschließend können wir diese Frage nicht beantworten. Wir müssen uns immer wieder fragen (und möchten das auch), wer wir sein wollen. Auch wenn wir im Kern unserer Kultur ähnlich bleiben werden, müssen auch wir uns den Marktanforderungen anpassen. 

Für den Moment kann ich beantworten, dass wir als Arbeitgeber unseren Mitarbeitenden ermöglichen möchten, über sich selbst hinauswachsen. Sie sollen mitgestalten können und dabei erfolgreich sein. Unsere EVP “Celebrate the team success” spiegelt das wider. Wir sind überzeugt davon, dass wir uns verdient haben, stolz auf das sein zu können, was wir gemeinsam erreichen.

Ziele und Umsetzung liegen weit auseinander. Was sind die Hürden beim Etablieren eines Employer Brandings?

Eine globale Herausforderung, die fast alle Unternehmen betrifft, ist das Commitment des Managements. Oft verstehen Entscheider*innen nicht, warum ein nachhaltiges Employer Branding so wichtig ist. Im ersten Schritt bringt es eben nicht die gewünschten Bewerbungen, sondern kostet Geld, Zeit und Energie. Aber zwei, drei Jahre später wird es sich umso mehr auszahlen. Das müssen die richtigen Personen verstehen – und Geduld mitbringen. Bei uns bei KRONGAARD funktioniert das gut, uns wird vertraut. Die Norm ist das aber nicht.

Wie kann es gelingen, das Management zu überzeugen?

Mit einem Plan. Nur auf die Dringlichkeit des Employer Brandings hinzuweisen – das bringt wenig. Können Mitarbeiter*innen aber einen Mehrwert und langfristigen Erfolg für das Unternehmen aufzeigen, vielleicht mit ähnlichen Praxisbeispielen, gelingt das besser.

Das Employer Branding ist manchmal ein Versprechen, das Unternehmen überraschend schnell brechen. Gelegentlich erinnert es stark an Greenwashing. Wie bedeutsam ist es, dass genau das nicht passiert?

Extrem wichtig. Ein Vergleich dazu: Wenn ich im Supermarkt einen Schokoriegel mit einer ansehnlichen Verpackung kaufe und mir dieser dann aber nicht schmeckt, esse ich ihn nicht noch mal. Der Hersteller verliert einen potenziellen Kunden, aber das ist verkraftbar. Denn der Snack ist schnell vergessen. Der Jobwechsel ist dagegen ein viel einschneidendes Erlebnis. Er hat Auswirkungen auf das alltägliche Leben, auf Familie und finanzielle Sicherheit. Ein neuer Job bedeutet immer persönliches Risiko und Veränderungen. Menschen vertrauen einem Arbeitgeber in dieser Phase. Versprechen Unternehmen dann Dinge, die faktisch falsch sind, ist das moralisch verwerflich. Der Schaden für die Betroffenen ist immens – ganz anders als beim Spontankauf an der Kasse. 

Übrigens: Auch die Außendarstellung der Firmen leidet. Denn Menschen berichten auf Bewertungsportalen oder in Netzwerken wie LinkedIn über ihre negativen Erfahrungen bei Arbeitgebern.

Wie erholen sich Unternehmen von schlechter Kritik?

Das kann ich nur schwer bewerten. Ich schätze aber, dass die Aufarbeitung bedeutend teurer ist als die Investition in gutes Employer Branding.

„In einem Unternehmen sind oft Menschen tätig, die ein ähnliches Mindset und Commitment haben.“

Die Arbeitgebermarke ist ein komplexes Konstrukt. Mit welchen Maßnahmen beginnt der Wandel?

Das erste ist die Arbeitgeberpositionierung. Unternehmen sollten diese Punkte gemeinsam mit ihren Mitarbeiter*innen definieren. Außerdem ist eine genaue Betrachtung der Zielgruppe sinnvoll, und zwar intern und extern. Welche Menschen fehlen für das Wachstum in der Zukunft? Genauso wichtig: Wer arbeitet bereits in der Organisation? In einem Unternehmen sind oft Menschen tätig, die ein ähnliches Mindset und Commitment haben. Zu dieser Kultur sollten potenzielle Mitarbeiter*innen passen.

Wie lief die Definition des EVP bei KRONGAARD?

Uns allen war sehr wichtig, dass diese Punkte nicht von oben nach unten kreiert werden, sondern als Gemeinschaft. Deshalb flossen in das Ergebnis Sichtweisen der Mitarbeitenden und des Managements ein.

Auch wollten wir nicht nur über die positiven Dinge sprechen, sondern genauso benennen, was nicht gut läuft. Eine Arbeitgeberpositionierung setzt sich genau aus diesen Faktoren zusammen. Was treibt uns an? Was gelingt gut? Was geht besser? Nach dem Workshop durften alle Mitarbeitenden die Ergebnisse der Ausarbeitung validieren. Dadurch beteiligten alle Mitarbeiter*innen und erhielten zusätzlich neue Sichtweisen.

Zahlen erleichtern oftmals das Verständnis. Wie lässt sich die Qualität des aktuellen Employer Brandings messen?

Wir betrachten dafür verschiedene KPIs. Beispielsweise unsere externe Markenbekanntheit und -attraktivität, die eine Marktforschung für uns ermittelt. Intern arbeiten wir daran, diese Faktoren in Umfragen abzufragen.

Auch die Bewertungen auf Portalen wie Kununu ergeben ein gutes Bild, dazu ist die Fluktuationsrate entscheidend. Auch der Share of Voice ist messbar. Er zeigt, wie oft online über ein Unternehmen gesprochen und wie oft es in sozialen Medien markiert wird.

Apropos „Share of Voice”: Eine erfolgreiche Arbeitgebermarke muss gut kommuniziert sein. Intern und extern. Welche Tools und Maßnahmen setzt ihr dafür ein?

Intern nutzen wir das Intranet oder freiwillige Informationsveranstaltungen. Wichtig ist, dass alle von Anfang Mitarbeitenden über den Prozess informiert sind. Bei uns muss nicht jede*r an Workshops teilnehmen, aber die Beteiligten streuen regelmäßig Informationen und erinnern beispielsweise an Umfragen. Über welche Kanäle das geschieht, unterscheidet sich bei allen Unternehmen. Extern bespielen wir die gängigen Social Media-Kanäle. Instagram, Facebook und LinkedIn. Auch Kununu und die Karrierewebseite dienen als Plattformen.

Für eine erfolgreiche Umsetzung benötigt es die gesamte Belegschaft. Wie kann ein Unternehmen diese für das gemeinsame Vorhaben gewinnen?

Neben der regelmäßigen Kommunikation ist es sehr hilfreich, wenn auch das Management dafür wirbt und die Ideen erklärt. Sei es bei größeren Meetings oder im Intranet. Das vermittelt den Mitarbeitenden Sicherheit und den Glauben an eine erfolgreiche Umsetzung. Denn diese hängt stark an einer guten Führungskultur.

Welche Auswirkungen kann das haben?

Ganz simpel: gesteigerte Zufriedenheit. Wer seine*ihre Meinung einbringen und das Unternehmen mitgestalten kann, ist eher glücklicher in seinem oder ihrem Job und mit dem Arbeitgeber. Das führt zu geringeren Fluktuationsraten.

Die Strategie steht. Die Belegschaft ist begeistert. Was benötigt es für die Umsetzung in die Praxis, damit Unternehmen ihre Zielgruppe erreichen?

Dafür sind drei Dinge wichtig.

  1. Ein gutes Set-up aus eigenem Wissen und externer Beratung.
  2. Commitment des Managements und der Führungskräfte.
  3. Zielgruppengerechter Content.

Besonders die Inhalte müssen sich von anderen Unternehmen unterscheiden und die Zielgruppe interessieren. Lässt er sich zusätzlich mit Trends verknüpfen, verleiht das zusätzliche Aufmerksamkeit. Das sollte aber ungezwungen geschehen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass etwas nur wegen eines Trends gemacht wird.

Wie können Unternehmen die Wirkung ihrer Maßnahmen messen?

Zuerst müssen sie den Kanal und dessen relevante Metriken betrachten, über den das Projekt läuft. Bei einer klassischen Maßnahme wie einer Arbeitgeberkampagne unterscheiden sich die Kennzahlen von Kanälen wie Instagram oder dem Digital out of Home-Bereich. Bei Instagram wären das beispielsweise die Reichweite, die Frequenz, die Impressionen. Bei einer Stellenanzeigen-Kampagne sind stattdessen die Positionierungen bei einer Search auf Google interessant – und natürlich die Conversion.

„Bleiben die Ergebnisse gleich und die erhofften Bewerbungen aus, empfehle ich, die Strategie zu überdenken.“

Nicht immer sind die ermittelten Zahlen ein Grund zur Freude. Wo kann man beim Employer Branding am raschesten nachsteuern?

Employer Branding ist eine strategische Maßnahme, die mit der Zeit wirkt. Das erschwert schnelle Korrekturen. Die meisten schnellen Ansätze würden die Probleme wahrscheinlich nicht beheben. Bleiben die Ergebnisse gleich und die erhofften Bewerbungen aus, empfehle ich, die Strategie zu überdenken. Mit einem gut eingestellten Set-up lassen sich kleine Rückgänge der Zahlen leicht durch angepasste Budgets korrigieren.

Zum Abschluss: Welche drei Tipps können Sie für ein erfolgreiches Employer Branding geben?

  1. Strategische Planung im Vorfeld. Unternehmen müssen die Frage beantworten, wer sie sind und wer sie sein wollen.
  2. Die interne und externe Zielgruppe kennen. Damit die Employer Branding-Maßnahmen wirken, müssen sie die richtigen Menschen erreichen.
  3. Authentische Kommunikation. Nur wer glaubwürdig mit der Zielgruppe kommuniziert, kann nachhaltig die Markenbekanntheit und -attraktivität steigern. 

Jenny Lübeck ist die Employer Branding-Expertin von KRONGAARD. Sie weiß, wie wichtig eine starke Arbeitgebermarke bei der Gewinnung der besten Talente ist. Mit ihren Kolleg*innen entwickelt sie die eigene Strategie kontinuierlich weiter. Das Ziel: Den Mitarbeiter*innen die Chance geben, über sich hinauszuwachsen.

Jenny Lübeck – Senior Manager Employer Branding bei KRONGAARD
Jenny Lübeck
Senior Manager Employer Branding bei KRONGAARD

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